Alles tiptop sei´s, sagt er,

und ich bin hin und her gerissen und weiß nicht, ob ich das gut finden soll.

Ist ja schön, wenn´s läuft. Aber er ist Verschwörungstheoretiker, bei dem Corona Teil des großen Reset war und für den es den menschgemachten Klimawandel nicht gibt. Seine Geschäfte laufen, der Rubel rollt, und familiär klinkt er sich aus allem aus, was nicht passt. „Klar“, denk ich – wenn man ignoriert, dann ist leicht „alles tiptop“.

Vielleicht ist auch das Familie. Aushalten, dass ein andres Mitglied Familie anders sieht.

Ich kann das nicht. Ignorieren. Ich würde manchmal gerne. Ich ringe um Leichtigkeit. Der Frühling ist da, aber bislang noch ohne Frühlingsgefühle. Was nicht heißen soll, dass ich mich neu verlieben will. Aber die Freude übers Sprießen und Blühen, übers große Erwachen, die blieb bis jetzt aus. Stattdessen drückt mir das Elend der Welt so sehr aufs Gemüt, dass ich kürzlich schon angesprochen wurde „du läufst, als trügest du das Gewicht der ganzen Welt auf deinen Schultern“. Mann ey. So was hör ich gar nicht gerne. Ich bilde mir was ein auf meinen notorischen Optimismus. Ich WILL zuversichtlich sein, und sei es wider bessres Wissen. Einfach weil alles andre auch nicht hilft. Aber es ist was dran – mir reicht ein Bruchteil der täglichen Nachrichten, um genug zu haben. Da braucht´s keine eigenen Baustellen dazu. Wenn da dann auch noch was kommt, ist´s schnell zuviel.

Ich bin fassungslos ob der zunehmenden Ignoranz für die Aufgaben der Zeit. Klimawandel gilt nicht mehr als heranziehende Katastrophe, sondern als „Wahn“ und „Hysterie“ von ein paar Wirrköpfen, die der Welt Kommunismus und Steinzeit aufs Auge drücken wollen. Jeder Klimaschutz ist grüne Zumutung.

Manche geben dafür der „Letzten Generation“ die Schuld, die die Stimmung so aufheize. Aber herrje, wir sind die letzte Generation, die mit heutigem Stand der Wissenschaft gegen den Klimakollaps was tun kann – rein objektiv betrachtet, haben sie einfach Recht. Und soo sehr abzugehen braucht man auch nicht ob ihren Aktionen. Die Kunstwerke, an die sich da geklebt wird, gehen den meisten am Allerwertesten vorbei, und Staus nimmt man im normalen Alltag auch als unvermeidbar hin. „Freie Fahrt für freie Bürger“ – ungestört quasi Luftlinie von A nach B – das ist ja nur ein Traum von ein paar abgehobenen Luftikussen.

Aber es sind diese Luftikusse, die derzeit die Richtung angeben und die alles mit Stumpf und Stiel verteufeln, was in eine sinnvolle Richtung ginge. Wenn es um den Flächenverbrauch geht und darum, dass nicht jede Generation ihre eigene Eigenheimsiedlung bauen kann, ist das nicht Einsicht und Vernunft, sondern ein „ideologischer Kampf der Grünen ums Eigenheim“. Wenn es um Massentierhaltung geht und um den Fleischkonsum, dann ist jeder Ansatz, diesen zu drosseln, Ideologie und Verbotskultur. Als wären nicht unendlich viele Verhaltensweisen verboten wegen mangelnder Allgemeinverträglichkeit. Ideologie ist links und grün besetzt und basta.

„Der Markt löst all unsere Probleme, wenn wir ihn nur frei und unreglementiert agieren lassen“ : das sind für mich die eigentlichen Ideologen – die, die nicht mal bereit sind auch nur zu reden über die Tücken eines Wirtschaftssystems, das immer neue Bedürfnisse schafft, für das der Wohlstand nie „genug“ ist, und das bloß „mehr“ und „Wachstum“ kennt. Wenn das mal nicht ein Tanz ums goldene Kalb ist. Ich neige seit der Erstkommunion der Tochter zu religiösen Metaphern. Nichts soll sich wirklich ändern – unser Leben dreht sich ums Auto, bauen und heizen will man dürfen wie in den goldenen Fünfzigern, ohne Rücksicht auf Verluste, und reisen und essen will man auch wie eh und je. Klimaschutz – „nur wenn´s besser und billiger ist“, schrieb einer auf Twitter, in das ich nur noch reinschaue wie man ein Thermometer wo reinsteckt – um zu sehen, wo es überkocht und welche Sau gerade durchs Dorf getrieben wird. Ich halt´s eigentlich kaum mehr aus, und die Diskussionen mit Klimaleugnern sind mir zuwider. „Weniger“ ist nicht denkbar; als ob uns mit unserer Geburt lebenslanger Sonnenschein versprochen worden wäre. Aber die „Letzte Generation“ ist „wohlstandverwahrlost“, und wer „Verzicht“ im Wort führt, ist bestenfalls naiv.

„Das haben wir uns verdient“, wird entgegen gehalten, wo um die Statussymbole des Wohlstands gefürchtet wird. Als ob nach uns nicht auch fleißige Leute zur Welt kämen, die eine Chance auf „Verdienen“ verdienen. Und als ob diese heutigen Verdienste nicht vollkommen fiktiv und mitunter absurd überhöht wären.

Ich habe den, für den alles tiptop ist, gefragt, was er denn an Maßnahme tolerieren würde: „Plastikverpackungen verbieten“. Gut. Da bin auch dafür. Aber ob das klimaschutzmäßig der Riesenbringer ist – dahingestellt. Ich bin sehr für #Technologieoffenheit – jede Technologie an ihrem idealen Platz. E-fuels sind eine tolle Technik, aber als Antrieb für massenhaften Individualverkehr sicher nicht mehr klimaneutral. Wenn „der Markt“  so agiert, dass neue Möglichkeiten nicht eingesetzt werden für mehr Nachhaltigkeit, sondern er alles nur abklopft auf das Spaßpotential für die, welche es sich leisten können – und das müssen nicht viele sein – wie beim Auto – man setzt gerne auf das Luxussegment – dann muss man „den Markt“ doch hinterfragen und mäßigend lenken. Ganz ohne Ideologie.

Ich versteh´s nicht. „Freiheit!“. Ich kann´s nicht mehr hören.

Döpfners Entgleisungen wundern mich kein bisschen. Wie viele seines Schlags schaut er nach unten und verachtet rundweg. Nur leider macht er als Chef des Springerhauses damit Meinung. Wenn er in seiner Position den Klimawandel gutheißt, weil er „warm“ für besser hält, weiß man, was die Stunde geschlagen hat: Klimaschutz ist so was von in der Defensive – die Widerlinge geben den Ton an. Dass andre bei dem prima „warm“ in dann nicht mehr bewohnbaren Landstrichen wohnen – deren Problem. Gerade ist wieder ein Boot mit Zig Flüchtlingen gekentert, nur 5 haben überlebt.  Was soll´s er- deren Problem. Europa macht die Grenzen dicht, und gut ist.

Döpfner ist ein böser Mensch. Wie Merz. Und wie Lindner, den Döpfner unterstützt. Ein FDP-Mann hat in einer Twitter-Diskussion über zu viele „Lowperformer“ geklagt. Grundgütiger. Es gibt also  „Highperformer“ und „Lowperformer“. Das Leben ist eine Performance, und es geht darum, eine gute Figur zu machen. Und „Freiheit“ ist die Rücksichtslosigkeit, mit der die einen ihr Glück zum Leid der anderen schmieden. Je größer Druck und Raubbau, um so mehr gehen daran zugrunde. Eine Gesellschaft, die nur noch Sieger will und keine Schwächen und kein Scheitern duldet. Wer will so leben?

Die Erstkommunion ist gefeiert. „Bei denen sein, die an Gott glauben“, hatte das Mädel gewünscht. Sie lebt in einem katholischen Umfeld – es war dies, was sie meinte, und so sollte es sein. Ich halte Religion zwar für etwas, das man eigentlich, wie Medizin, die nur in der richtigen Dosis hilft, nur mit Gefahren und Risiken erklärendem Beipackzettel verabreichen sollte. Aber bitte – in der richtigen Dosis kann es Halt und Rahmen sein. Auf dem Weg zur Kommunion habe ich allerdings gemerkt, dass mir das Protestantische doch näher ist. Es wird weniger Brimborium veranstaltet, stattdessen hat die Predigt einen zentralen Stellenwert und ohnehin mehr Gegenwartsbezug. Im katholischen Glauben, so scheint´s, hat man alles richtig gemacht, wenn man sich an die Riten hält. So ist es leicht, ein guter Christ zu sein und sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Die Protestanten muten einander mehr Eigenverantwortung zu, und die wird auch erklärt.

In der evangelischen Karfreitagspredigt hat die Pfarrerin den Kreuzweg als das Leiden Gottes am Elend der Welt erklärt. Gott brauche unseren Beistand. Das ist doch ein Auftrag, den man verstehen kann. „Seid gut zueinander!“ In der katholischen Ostersamstagsandacht ging es – und das sei traditionell die Ostersamstagsliturgie – um den Auszug aus Ägypten. Wo der Zusammenhang zur Auferstehung liegt, blieb entweder gänzlich unerklärt oder war so nebenbei eingewoben, dass es leicht war zu überhören. Man sah sich selbst als „das auserwählte Volk“, was ich für nicht mehr zeitgemäß und nicht sehr klug erachte, und dass die ägyptischen Verfolger samt und sonders im Meer ertranken, wurde quittiert mit „Herr wir preisen dich“. Nach ein paartausend Jahren könnte man die Schadenfreude auch mal überwunden haben, meine ich. Dann wurden alle Heiligen namentlich angerufen „steh uns bei“ und sämtliche möglichen Leiden aufgezählt, „erbarme dich unser“. Es geht um die eigene Befindlichkeit; Eigenverantwortung diesbezüglich Fehlanzeige.

Vielleicht verstehe ich es auch falsch.

Ich finde den katholischen Pfarrer nett, und bestimmt ist er ein sehr gescheiter Mann, der mehr drauf hat als den Zeremonienmeister in einem zweistündigen, für mein Empfinden vollkommen absurden Ritual zu geben. Ich überlege, mal an einem stinknormalen Sonntag in die Kirche zu gehen und zu hören wie da gepredigt wird – ob es nicht doch etwas hergibt. 

Ich bin am Schimpfen. Grad macht mich das Treiben in der Welt so grantig, dass ich sofort ins Schimpfen komme. Ich kann das selbst nicht leiden. Ich will´s doch gut sein lassen.

„Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ Martin Luther wird das zugeschrieben. Das ist vielleicht nicht die schlechteste Idee. Wir wollen eh in Opas Garten einsteigen. Apfelbäume hat´s da, aber Himbeersträucher nicht. Und eine Magnolie wäre auch schön. „Narren hasten, Kluge warten. Weise gehen in den Garten“.  Das habe ich im russischen Viertel in Potsdam gelesen. Auch nicht schlecht. Die Kleingartensiedlung – immer undenkbar gewesen. Jetzt will ich es angehen. Ich nehme es mir fest vor. Und dann klappt´s bestimmt auch mit dem inneren Frieden und den Frühlingsgefühlen.

Luxusprobleme II

Über das Wie und Woher der Saunahitze mache ich mir beim Schwitzen zugegeben keine Gedanken. Sollte ich vielleicht mal. Die Ökobilanz meiner liebsten Saunalandschaft –

Dabei habe ich mit Verzicht kein großes Problem. Man kann mit sehr viel weniger auch sehr glücklich sein. Ist ja wie bereits erwähnt alles relativ. Aber derzeit stecke ich mitten drin in dem Kreislauf von Produktion und Konsum, von Geldverdienen und – ausgeben. Work – life will gebalanced sein. Selbst wenn jede Aufgabe, jede Arbeit, alles was ich tue und wofür ich zuständig bin, wenn alles noch so sehr Spaß macht – wenn ich mich angestrengt habe, will ich auch wieder locker lassen dürfen.  Arbeit ohne Müßiggang kann´s auch nicht sein, und kein Müssen ohne Dürfen.  

Es ist immer ein Abwägen.  Ich verteile imaginäre Punkte und rechne Pluspunkte gegen Minuspunkte auf, und ich rechne so, dass eine ausreichende Portion Freude  drin liegt. Ich fliege nicht, ich fahre kaum Auto, ich esse wenig Fleisch, wenn, dann nach Möglichkeit Bio, ich lasse so manches Schnäppchen liegen, weil mir Raubbau und Missbrauch schon daraus entgegenschreien. Aber ich kaufe noch immer viel zu viel Plastik, einfach, weil die Sachen, die ich will, in Plastik verpackt sind und ich aus dem Einkaufen weder Marathon noch Wissenschaft machen will, und weil ich denke, was gesetzlich reguliert werden kann, sollte auch so reguliert sein.

Wenn es in ´meinen´ Läden Shampoo meiner Preis – und Gütekategorie in Glas gäbe, würde ich das kaufen. Solange ich dafür zwei Kilometer laufen muss, halt eher nicht.

Da fällt mir das Klimapaket ein, das einem die Tränen in die Augen treiben kann.

So ja nun gerade NICHT.

Gas, Öl, Benzin, Kerosin – Die Mobilität wird teurer. Und das ist noch nicht mal so daneben. Stellen wir uns um! Gerne! Let´s do it.

Aber wo bleibt das Umstellen? Alle zahlen ein bisschen mehr fürs Fortbewegen, und für die einen ist dies bisschen viel, für die andern wenig, und gewonnen ist nichts außer viel Ärger und Frust.  Und die Prioritäten sind dieselben, one man – one car, big man – big car. Es bleibt beim Auto. Keine neuen Angebote für den öffentlichen Personenverkehr, keine Radkultur, die Spaß macht, kein Wursträdle weg von der Massentierhaltung. Wieder nur kleinste, feigste Schrittchen, damit keiner, der vom Klimaerwärmen gut lebt, Einbußen zu beklagen hat und auch das Stimmvolk nicht sofort verprellt ist. Ich hatte gedacht, Firmen bekämen neue Vorgaben. Ich hatte gehofft, Leute mit SUV bezahlten, und die mit Drittwagen und die mit Privatjet und die mit einem halben Dutzend nobelster Wohnsitze. Anteilmäßig verteilt. Jeder wie er kann.

Pustekuchen.

Dabei hatte ich es gerade gelesen. Es gäbe ja Wege.

„Alles auf einmal“,  von Uwe J. Heuser, in der ´Zeit´ vom 29.August. Echt lesenswert.

Es könnte gehen. Man muss nur wollen. Man muss sich nur getrauen.

https://www.zeit.de/2019/36/klimarettung-wohlstand-steigerung-landwirtschaft-fleischkonsum-geoengineering

Der Link führt auf eine Seite, die – zumindest ich – nicht öffnen kann ohne Abo. Hab ich aber keins. Ich hatte mir die Zeitung gekauft. Drum hier eine kleine Zusammenfassung.

Jeffrey Sachs: …“ Mitte des Jahrhunderts dürfe die Menschheit das Klima nicht mehr belasten.“…. “Das darf die Weltwirtschaft nicht kaputtmachen, es darf die fünf Sechstel der Menschheit nicht stoppen, die beim Wohlstand aufholen, und es darf dem wachsenden Wohlergehen für alle nicht im Wege stehen.“ Und das koste  „vielleicht ein Prozent des Volkseinkommens.“ 

…..“Bahn, Autos und Gebäude mit Heizung und Kühlung müssten voll elektrifiziert werden. Für Lastwagen, Flugzeuge und Schiffe müssten rasch Lösungen ohne das Treibhausgas CO2 entwickelt werden, ebenso für die Stahlindustrie, die Zementindustrie und Teile der Chemiebranche“….“Die Zahl der Aufgaben sei übersichtlich; zusammen nur zehn Punkte“.

Die Technik weist die Richtung, die Politik folgt. 

„Die Nationen könnten den Klimawandel nach wie vor noch rechtzeitig bewältigen und auch ihren Wohlstand erhalten – ja sogar steigern. Allerdings dürfen sie sich dabei nicht mehr so viele Fehler erlauben. Vor allem Europa nicht, das seit der Erfindung der Dampfmaschine im 18. Jahrhundert sämtliche Vorteile der Treibhauswirtschaft genossen und deren Kosten auf dem Planeten abgeladen hat. Die Europäer waren es, die jenes verheerende Produktions – und Konsummodell schufen, das die anderen Nationen verführte. Anders als die Vereinigten Staaten fördern sie heute kaum noch Öl und Gas und haben daher auf dem Weg zu einer klimaschonenden Wirtschaft weniger zu verlieren. Egal also, ob man es moralisch oder pragmatisch betrachtet: Wenn Europa nicht bald demonstriert, dass es auch anders geht, dann wird es niemand tun. Von hier aus muss das neue Denken wie eine Welle um die Welt gehen.“

Solche Sätze liebe ich.

Und Hoffnung gibt es auch:

Der Kapitalismus sei geeignet für schnelle große Veränderungen. Die ´Zeit´: „Radikaler Wandel wirkt immer unmöglich – bis er geschieht.“

„Verteilt über die Kontinente ist eine kleine Forscher-Armee dabei, die Blaupause für die Klimarettung zu entwerfen. Was sie brauchen, ist ein fairer Wettbewerb mit den herkömmlichen

und schädlichen Techniken, die vielfach – auch in Deutschland- noch subventioniert oder von starken Lobbyisten und ihren Lieblingspolitikern gehätschelt werden.“…..“Das Klima ist ein Jahrhundertproblem. Normalerweise setzen Staaten aufs Begrenzen und Verbieten. (eigene Anmerkung: und aufs Kosten abwälzen) – oder auf Innovation. Für dieses Entweder-oder ist es nun zu spät. Diesmal müssen ganze Gesellschaften beides verbinden. Erst dann entsteht eine Klimabewegung, die sich selbst verstärkt.“

Alles auf einmal. Der Industrie, und überhaupt allen Emissionären der Treibhausgase  Grenzwerte und Vorgaben  auferlegen, dabei tatsächliche Kosten berücksichtigen. Und neue Technologien fördern, welche die alten klimafreundlicher ersetzen, und die Schäden und Verschmutzungen beheben.

Nochmal aus dem Artikel der ´Zeit´:

„Außerdem koste der  Klimaschutz zwar insgesamt nicht viel, käme jedoch einzelne Gruppen  wie die Kohlekumpel und Ölförderer, Großbauern und Schwerindustrielle durchaus teuer zu stehen. Und auch klimafreundliche Lösungen entfalten auf Dauer unangenehme Nebenwirkungen und provozieren Widerstände. So schneiden etwa Windräder nicht bloß ins Landschaftsbild, sie sind auch schwer zu entsorgen. Die Produktion von E-Autos braucht extrem viel Energie und ist auf die umstrittenen seltenen Erden angewiesen. Zwar alles lösbar – aber zunächst ein Grund zu zaudern. Denn: nichts im Klimaschutz ist so leicht, wie es aussieht. Was umgekehrt heißt: Wenn die Nationen Wohlstand und Klima erhalten wollen, müssen sie mehr tun, als einzelne wohlformulierte Pläne fordern.“

So sieht´s aus!

Und nicht bei jeder neuen Regel anfangen zu heulen.

Die hiesige Tageszeitung titelte jüngst „Die Grünen als Spielverderber“. Weil Niedersachsens Grünen-Chefin fliegen gelassene Luftballons verbieten möchte. Also nicht die Deko beim Kindergeburtstag oder dem Tag der offenen Tür, sondern die, die in den Himmel aufsteigen, irgendwo wieder runterkommen, und dann als Müll in der Pampa liegen. Die Uni Tasmanien hat untersucht, dass jeder fünfte Vogel, der Ballonteile frisst, daran stirbt. Und weshalb auch immer – aber der Vogel weiß nicht, bis er gefressen hat, dass das nicht zum Fressen war.

Und jetzt schimpft Herr Theurer von der FDP, das sei kleinteiliger Verbotswahn. Und obwohl er es anders meint und eine Ökodiktatur heraufdämmern sieht,  hat Herr Theurer Recht.  Jeder Müll in der Natur gehört verboten. Ballons, Papier, Plastik, alles.  Es braucht nur ein einziges Gesetz, und das gilt, für Ballons und alles andere auch: „Kein Müll in die Natur!“ Fertig aus.

Ich find´s ganz selbstverständlich.

Ich staune ja sowieso  immer, mit welcher  Chuzpe man irgendwas einfordert und/oder verteidigt, weil es ja nur ein paar Vögel sind, die verrecken, oder nur eine bedrohte Insektenart endgültig zugrunde geht.  Oder man mokiert sich, wieviel Geld ausgegeben wird, um zb die Frösche auf ihren Wanderungen vor dem Überfahren-werden zu bewahren.

Ja klar tut man das. Man schützt die Natur. Wie kommt man bloß auf die Idee, man kann sich so einfach über sie hinwegsetzen? Bloß weil die Vögel sich keinen Anwalt nehmen und auf Schmerzensgeld verklagen können. Oder weil die Frösche keine Wahlzettel ausfüllen.

Und ich finde auch kleinkariert, Spaß und Lebensqualität von Luftballons abhängig machen zu wollen. Man hat sie schon steigen lassen und es war hübsch. Aber kein Menschenglück darbt, wenn man es nicht tut.

In dem Artikel in der ´Zeit´ ist Kopenhagen beschrieben, wo auf einer Müllverbrennungsanlage Ski gefahren wird. Kopenhagen scheint überhaupt eine Stadt zu sein, die vormacht, wie´s geht.  

Auch in Spaß und Lebensglück kann man umstellen.

Wenn die Ökobilanz zu schlimm ausfiele, dann würde ich auch auf Sauna verzichten. Schweren Herzens, aber ich würd´s tun. Vielleicht ließe mich die Gewissheit, dass da nun eine echte Umstellung im Gange ist, besser schlafen, und dann hätte ich auch die Energie für einen klimafreundlichen Spaziergang stattdessen.

Ach, und vielleicht binde ich mir wie in Holland Blumen ans Rad. Nur weil´s der Freude dient.

Balkongespräche

Ich sitze in der Stadt, still und nichts tuend, und kann nicht anders, als ein Gespräch mitzuhören, das nebenan stattfindet, wo offenbar eine kleine Balkonparty stattfinden soll, die aber deutlich Start – und offenbar auch andere Schwierigkeiten hat.

Es geht ausgiebig um ´was es wo zu kaufen gibt´, über Malle und einen Urlaub in der Türkei, den der viel sprechende junge Mann, Sohn der Gastgeberin, im letzten Jahr erlebte. Beschwert hat er sich dort, weil es Risse in Fließen gab und irgendwas tropfte, und auch sonst  war es „gar nicht vom Feinsten“ und „Luxus pur“, wie er das von 5 Sternen doch erwartet hatte. Und ich denke, ´hey Mann – türkische Sterne! Mit türkischen Standarts´. Worüber regt er sich denn auf? Er erzählt von Pool, Bar, gedecktem Büffet und Meer vor der Haustür, alles zusammen zum Schnäppchenpreis. Daheim ist man doch auch kein Krösus. Wo also liegt das Problem?

Im Verständnis!

Über die Klimaschützer regt er sich auf. Da wird er richtig brutal.  Die will er alle tot sehen. Die hiesige Gastronomie regt ihn auf; ´Bruchbuden´, ´Absteigen´, ´Löcher´ , findet er, sind´s.  Wohlgemerkt,  ein Hochwohlgeborener und Besserverdiener spricht da nicht, sondern einer mit ganz banaler Maloche. Und dann natürlich Merkel. Über DIE muss man sich RICHTIG aufregen. Die muss weg, und mit ihr alle ihre Kumpanen, und auf jeden Fall die, die sie ins Land gelassen hat, und alle, die irgendwann mal irgendwas gut fanden von ihr.

Und immer wieder geht´s um die Gäste, die eingeladen sind und nicht kommen oder zu kurz bleiben. Man sitzt zu viert, gedeckt ist für ein Dutzend und mehr. Die Party ist ein Flop.

Und das ist das Einzige, das mir an dem unfreiwilligen Lauschen gefällt.

Ist doch tröstlich, wenn manch ein Blödsinn und manch eine Rohheit allein steht.  Wenn dann die Gäste wegbleiben.