Alles tiptop sei´s, sagt er,

und ich bin hin und her gerissen und weiß nicht, ob ich das gut finden soll.

Ist ja schön, wenn´s läuft. Aber er ist Verschwörungstheoretiker, bei dem Corona Teil des großen Reset war und für den es den menschgemachten Klimawandel nicht gibt. Seine Geschäfte laufen, der Rubel rollt, und familiär klinkt er sich aus allem aus, was nicht passt. „Klar“, denk ich – wenn man ignoriert, dann ist leicht „alles tiptop“.

Vielleicht ist auch das Familie. Aushalten, dass ein andres Mitglied Familie anders sieht.

Ich kann das nicht. Ignorieren. Ich würde manchmal gerne. Ich ringe um Leichtigkeit. Der Frühling ist da, aber bislang noch ohne Frühlingsgefühle. Was nicht heißen soll, dass ich mich neu verlieben will. Aber die Freude übers Sprießen und Blühen, übers große Erwachen, die blieb bis jetzt aus. Stattdessen drückt mir das Elend der Welt so sehr aufs Gemüt, dass ich kürzlich schon angesprochen wurde „du läufst, als trügest du das Gewicht der ganzen Welt auf deinen Schultern“. Mann ey. So was hör ich gar nicht gerne. Ich bilde mir was ein auf meinen notorischen Optimismus. Ich WILL zuversichtlich sein, und sei es wider bessres Wissen. Einfach weil alles andre auch nicht hilft. Aber es ist was dran – mir reicht ein Bruchteil der täglichen Nachrichten, um genug zu haben. Da braucht´s keine eigenen Baustellen dazu. Wenn da dann auch noch was kommt, ist´s schnell zuviel.

Ich bin fassungslos ob der zunehmenden Ignoranz für die Aufgaben der Zeit. Klimawandel gilt nicht mehr als heranziehende Katastrophe, sondern als „Wahn“ und „Hysterie“ von ein paar Wirrköpfen, die der Welt Kommunismus und Steinzeit aufs Auge drücken wollen. Jeder Klimaschutz ist grüne Zumutung.

Manche geben dafür der „Letzten Generation“ die Schuld, die die Stimmung so aufheize. Aber herrje, wir sind die letzte Generation, die mit heutigem Stand der Wissenschaft gegen den Klimakollaps was tun kann – rein objektiv betrachtet, haben sie einfach Recht. Und soo sehr abzugehen braucht man auch nicht ob ihren Aktionen. Die Kunstwerke, an die sich da geklebt wird, gehen den meisten am Allerwertesten vorbei, und Staus nimmt man im normalen Alltag auch als unvermeidbar hin. „Freie Fahrt für freie Bürger“ – ungestört quasi Luftlinie von A nach B – das ist ja nur ein Traum von ein paar abgehobenen Luftikussen.

Aber es sind diese Luftikusse, die derzeit die Richtung angeben und die alles mit Stumpf und Stiel verteufeln, was in eine sinnvolle Richtung ginge. Wenn es um den Flächenverbrauch geht und darum, dass nicht jede Generation ihre eigene Eigenheimsiedlung bauen kann, ist das nicht Einsicht und Vernunft, sondern ein „ideologischer Kampf der Grünen ums Eigenheim“. Wenn es um Massentierhaltung geht und um den Fleischkonsum, dann ist jeder Ansatz, diesen zu drosseln, Ideologie und Verbotskultur. Als wären nicht unendlich viele Verhaltensweisen verboten wegen mangelnder Allgemeinverträglichkeit. Ideologie ist links und grün besetzt und basta.

„Der Markt löst all unsere Probleme, wenn wir ihn nur frei und unreglementiert agieren lassen“ : das sind für mich die eigentlichen Ideologen – die, die nicht mal bereit sind auch nur zu reden über die Tücken eines Wirtschaftssystems, das immer neue Bedürfnisse schafft, für das der Wohlstand nie „genug“ ist, und das bloß „mehr“ und „Wachstum“ kennt. Wenn das mal nicht ein Tanz ums goldene Kalb ist. Ich neige seit der Erstkommunion der Tochter zu religiösen Metaphern. Nichts soll sich wirklich ändern – unser Leben dreht sich ums Auto, bauen und heizen will man dürfen wie in den goldenen Fünfzigern, ohne Rücksicht auf Verluste, und reisen und essen will man auch wie eh und je. Klimaschutz – „nur wenn´s besser und billiger ist“, schrieb einer auf Twitter, in das ich nur noch reinschaue wie man ein Thermometer wo reinsteckt – um zu sehen, wo es überkocht und welche Sau gerade durchs Dorf getrieben wird. Ich halt´s eigentlich kaum mehr aus, und die Diskussionen mit Klimaleugnern sind mir zuwider. „Weniger“ ist nicht denkbar; als ob uns mit unserer Geburt lebenslanger Sonnenschein versprochen worden wäre. Aber die „Letzte Generation“ ist „wohlstandverwahrlost“, und wer „Verzicht“ im Wort führt, ist bestenfalls naiv.

„Das haben wir uns verdient“, wird entgegen gehalten, wo um die Statussymbole des Wohlstands gefürchtet wird. Als ob nach uns nicht auch fleißige Leute zur Welt kämen, die eine Chance auf „Verdienen“ verdienen. Und als ob diese heutigen Verdienste nicht vollkommen fiktiv und mitunter absurd überhöht wären.

Ich habe den, für den alles tiptop ist, gefragt, was er denn an Maßnahme tolerieren würde: „Plastikverpackungen verbieten“. Gut. Da bin auch dafür. Aber ob das klimaschutzmäßig der Riesenbringer ist – dahingestellt. Ich bin sehr für #Technologieoffenheit – jede Technologie an ihrem idealen Platz. E-fuels sind eine tolle Technik, aber als Antrieb für massenhaften Individualverkehr sicher nicht mehr klimaneutral. Wenn „der Markt“  so agiert, dass neue Möglichkeiten nicht eingesetzt werden für mehr Nachhaltigkeit, sondern er alles nur abklopft auf das Spaßpotential für die, welche es sich leisten können – und das müssen nicht viele sein – wie beim Auto – man setzt gerne auf das Luxussegment – dann muss man „den Markt“ doch hinterfragen und mäßigend lenken. Ganz ohne Ideologie.

Ich versteh´s nicht. „Freiheit!“. Ich kann´s nicht mehr hören.

Döpfners Entgleisungen wundern mich kein bisschen. Wie viele seines Schlags schaut er nach unten und verachtet rundweg. Nur leider macht er als Chef des Springerhauses damit Meinung. Wenn er in seiner Position den Klimawandel gutheißt, weil er „warm“ für besser hält, weiß man, was die Stunde geschlagen hat: Klimaschutz ist so was von in der Defensive – die Widerlinge geben den Ton an. Dass andre bei dem prima „warm“ in dann nicht mehr bewohnbaren Landstrichen wohnen – deren Problem. Gerade ist wieder ein Boot mit Zig Flüchtlingen gekentert, nur 5 haben überlebt.  Was soll´s er- deren Problem. Europa macht die Grenzen dicht, und gut ist.

Döpfner ist ein böser Mensch. Wie Merz. Und wie Lindner, den Döpfner unterstützt. Ein FDP-Mann hat in einer Twitter-Diskussion über zu viele „Lowperformer“ geklagt. Grundgütiger. Es gibt also  „Highperformer“ und „Lowperformer“. Das Leben ist eine Performance, und es geht darum, eine gute Figur zu machen. Und „Freiheit“ ist die Rücksichtslosigkeit, mit der die einen ihr Glück zum Leid der anderen schmieden. Je größer Druck und Raubbau, um so mehr gehen daran zugrunde. Eine Gesellschaft, die nur noch Sieger will und keine Schwächen und kein Scheitern duldet. Wer will so leben?

Die Erstkommunion ist gefeiert. „Bei denen sein, die an Gott glauben“, hatte das Mädel gewünscht. Sie lebt in einem katholischen Umfeld – es war dies, was sie meinte, und so sollte es sein. Ich halte Religion zwar für etwas, das man eigentlich, wie Medizin, die nur in der richtigen Dosis hilft, nur mit Gefahren und Risiken erklärendem Beipackzettel verabreichen sollte. Aber bitte – in der richtigen Dosis kann es Halt und Rahmen sein. Auf dem Weg zur Kommunion habe ich allerdings gemerkt, dass mir das Protestantische doch näher ist. Es wird weniger Brimborium veranstaltet, stattdessen hat die Predigt einen zentralen Stellenwert und ohnehin mehr Gegenwartsbezug. Im katholischen Glauben, so scheint´s, hat man alles richtig gemacht, wenn man sich an die Riten hält. So ist es leicht, ein guter Christ zu sein und sich selbst auf die Schulter zu klopfen. Die Protestanten muten einander mehr Eigenverantwortung zu, und die wird auch erklärt.

In der evangelischen Karfreitagspredigt hat die Pfarrerin den Kreuzweg als das Leiden Gottes am Elend der Welt erklärt. Gott brauche unseren Beistand. Das ist doch ein Auftrag, den man verstehen kann. „Seid gut zueinander!“ In der katholischen Ostersamstagsandacht ging es – und das sei traditionell die Ostersamstagsliturgie – um den Auszug aus Ägypten. Wo der Zusammenhang zur Auferstehung liegt, blieb entweder gänzlich unerklärt oder war so nebenbei eingewoben, dass es leicht war zu überhören. Man sah sich selbst als „das auserwählte Volk“, was ich für nicht mehr zeitgemäß und nicht sehr klug erachte, und dass die ägyptischen Verfolger samt und sonders im Meer ertranken, wurde quittiert mit „Herr wir preisen dich“. Nach ein paartausend Jahren könnte man die Schadenfreude auch mal überwunden haben, meine ich. Dann wurden alle Heiligen namentlich angerufen „steh uns bei“ und sämtliche möglichen Leiden aufgezählt, „erbarme dich unser“. Es geht um die eigene Befindlichkeit; Eigenverantwortung diesbezüglich Fehlanzeige.

Vielleicht verstehe ich es auch falsch.

Ich finde den katholischen Pfarrer nett, und bestimmt ist er ein sehr gescheiter Mann, der mehr drauf hat als den Zeremonienmeister in einem zweistündigen, für mein Empfinden vollkommen absurden Ritual zu geben. Ich überlege, mal an einem stinknormalen Sonntag in die Kirche zu gehen und zu hören wie da gepredigt wird – ob es nicht doch etwas hergibt. 

Ich bin am Schimpfen. Grad macht mich das Treiben in der Welt so grantig, dass ich sofort ins Schimpfen komme. Ich kann das selbst nicht leiden. Ich will´s doch gut sein lassen.

„Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute noch einen Apfelbaum pflanzen.“ Martin Luther wird das zugeschrieben. Das ist vielleicht nicht die schlechteste Idee. Wir wollen eh in Opas Garten einsteigen. Apfelbäume hat´s da, aber Himbeersträucher nicht. Und eine Magnolie wäre auch schön. „Narren hasten, Kluge warten. Weise gehen in den Garten“.  Das habe ich im russischen Viertel in Potsdam gelesen. Auch nicht schlecht. Die Kleingartensiedlung – immer undenkbar gewesen. Jetzt will ich es angehen. Ich nehme es mir fest vor. Und dann klappt´s bestimmt auch mit dem inneren Frieden und den Frühlingsgefühlen.

Werbung

„Frieden“ scheint ein provokantes Wort

Und damit tue ich mich echt schwer.

Ich kann nichts Schlechtes darin sehen, Frieden zu wollen. Ich will den mit den allerbesten Gründen. Auf einer Demo war ich deshalb nicht und habe keine Fahne mit Friedenstaube und Peace-Zeichen geschwenkt, nicht bei der Wagenknecht-Schwarzer-Demo neulich in Berlin, und auch auf keiner anderen. Wie bei Corona stimme ich manchen Forderungen der Proteste zu. Ich habe das Manifest der beiden Frauen unterschrieben, das mit „Wir müssen reden“ betitelt war. Es ist darin nicht die Rede von einem Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine. Was ich auch schwierig fände. Man hat die Ukraine ja geradezu ins offene Messer laufen lassen – jetzt soll sie sich auch verteidigen können. In dem Manifest geht es um ein Ende der Eskalationsspirale, dieser Kriegstreiberei, die ich auch so empfinde. Das konnte ich mit gutem Gefühl unterschreiben. Zu einer Demo kann ich trotzdem nicht. Ich kann nicht mitgehen, wo man mit Rechten geht.

Vielleicht verkläre ich. Ich weiß es nicht. Ich hatte damals bestimmt eine jugendliche, bisweilen einseitig betrachtende Brille auf. Aber in den 80ern, als es um den Nato-Doppelbeschluss ging, als alle auf der Menschenkette waren und vor den Toren Mutlangens usw, da ging es einfach um dies –  um die Stationierung der Mittelstreckenraketen, und keiner hat irgendwelche Banner hochgehalten und Parolen geschmettert, worum es ihm sonst noch so ging. Keiner wollte irgendwas umstürzen, keiner hat gehetzt und polemisiert. Auch auf den Kundgebungen war der Ton ein anderer; Frieden hat sich nach Frieden angehört. Von der Menschenkette fuhren wir Kanon singend nach Hause; die Melodie habe ich immer noch im Ohr.

Heute klingt auch der Wunsch nach Frieden aggressiv. Überhaupt scheint die Zeit mir über jedes verträgliche Maß hinaus aggressiv. Der Umgangston ist vielerorts konsequent barsch und rau. Im Nahverkehrszug habe ich schon halbe Schlägereien erlebt.  Im Schulbus geht´s bisweilen zur Sache, fliegen Schulranzen und wird geschubst und gepöbelt. Und wenn der Bub mit seinem Freund auf dem Spielplatz war, kommen sie häufig heim und erzählen von Beschimpfungen, Drohungen und wüstester Anmache.

Als ob mit einem Mal alle verlernt hätten, sich konstruktiv auseinanderzusetzen. Ich versteh´s nicht. Es macht mir auch Angst. Die Warnungen zu mehr Klimaschutz werden immer dringlicher; es geht um ein „Ende der uns bekannten Zivilisation“. Und wir streiten wie die Berserker ums heilig Blechle, um Autobahnen, Schnitzel und Gendersternchen und unterteilen in irgendwelche komischen Völkergrüppchen. Wir Deutsche, die Syrer, die Afrikaner, die Afghanen, die Ukrainer – wir sind halt alles Leute, die ein gutes Leben wollen.

Es ist so absurd. Einigen geht es nach wie vor darum, rauszuholen, was rauszuholen geht. Über die FDP will ich nicht mal mehr den Kopf schütteln. Was die abzieht, spottet jeder Beschreibung. Die träumt von der alles rettenden Technik, die alle Probleme löst, ohne dass irgendwer auf irgendetwas verzichten muss. Traumtänzer! Die überlassen ungerührt den Nachkommen den großen Schock bis hin zu einer gut möglichen totalen Dysfunktion. Das ist wider jedes bessre Wissen gehandelt. Und dann treibt man erstmal Krieg als lebten wir im Mittelalter und die Erde wäre eine Scheibe. Und der liebe Gott wohnt obendrüber und wird es beizeit für die seinen wieder richten.

Wenn dieser Krieg vorbei ist und es um den Wiederaufbau geht, dann hat man nicht die Goldenen Fünfziger. Dann ist man mitten in der Klimakrise und hat mit dieser noch ganz andere Probleme. Ich habe mich ausgeklinkt; Vogel-Strauß-Prinzip. Im Grunde habe ich gar keine klare Haltung zu diesem Krieg. Ich kann für keine Seite uneingeschränkt sein. …..

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php?conid=238&p=1

„Gekippt“  sei sie, in dieser Zeit,

sagte eine Bekannte, die ich die ganze Coronazeit über nicht getroffen hatte. Wir teilen ein Hobby, über welches wir uns mitunter schon recht nahe gekommen sind.  Sie ist gebildet, hat Witz und Esprit, ist gesellschaftlich engagiert und finanziell gut gestellt. Sie steht noch immer mit beiden Beinen fest in ihrem Leben, nur anders, und es ist ein anderes Leben als zuvor, eines, das auf mehr Abstand konzipiert ist. Der Umgang mit Corona habe sie schwer enttäuscht, sagte sie. In Wissenschaft, Medien und Politik hat sie ihr Vertrauen verloren.  Und das ist natürlich übel. Ohne Vertrauen ist alles scheiße, jedes Leben, ich behaupte, selbst das nobelste. Die Diskussionen um die Impflicht haben ihr zugesetzt, und WIE dann geimpft wurde – „alles, was einen Arm hinstrecken konnte“, Schwangere, Kranke, alle. Jede Vorsicht, die beim Impfen stets gegolten hatte, war obsolet. Ich muss dazu sagen – sie ist Medizinerin und weiß, wovon sie spricht. Die Rigorosität der Politik, die mitunter drangsalierte, was sie zu schützen vorgab, die Medien, die keinen Diskurs mehr zuließen und Zweifeln, Ängsten und konträren Positionen meist nur so viel Raum gaben, dass sie sich gleichzeitig diskreditieren ließen – entsetzt war sie schließlich, als sie mitbekam, wie renommierte Wissenschaftler, die andere Thesen vertraten, Ämter und Reputation verloren, Thesen, die auch nicht von Pappe waren.

Das stimmt schon – diese verkürzten Diskussionen, bei denen es nicht mehr um Argumente geht und man sich mit dem gegnerischen Standpunkt tatsächlich auseinandersetzt, sondern Meinungsvielfalt zum Schlagabtausch verkommt, in dem unterschiedliche Positionen wüst und wild aufeinander eindreschen, die sind voll übel. Ich bekomm´s auf Twitter mit, das wegen jedem Mist hyperventiliert,  und ich find´s echt krass. Von „gesinnungsethischer Intoleranz“ sprechen Precht und Welzer in ihrem Buch „Die 4. Gewalt“.  Ich will mich der Medienschelte nicht anschließen. Mir will scheinen, in diesen krisengeschüttelten Zeiten haben alle das Bedürfnis nach Schulterschluss und klarer Position – „pro oder contra“ – Bürger, Politiker, Wissenschaftler, Journalisten und die *innen, alle. Polarisieren, weil in dem Dazwischen  so viele Unabwägbarkeiten stecken und das dann so anstrengend, wenn nicht zermürbend wird. Keine gute Entwicklung. Aber in der öffentlichen Diskussion müssen halt alle Stimmen abgebildet sein. Manche sind mir zu blöd für eine wirkliche Auseinandersetzung, weder ist die Erde eine Scheibe, noch sind wir von Aliens unterwandert, und den Großen Reset muss ich auch nicht unbedingt durchhecheln. Das sag ich dann auch. Aber „Politik und Öffentlichkeit“ sollte zu Ängsten, Zweifeln und Anliegen dennoch Stellung beziehen, so dass auch sie Gegenstand der öffentlichen Debatte sind. 

Das Gespräch kam, wie die Zeit eben auch, von Krise zu Krise, von Corona zum Krieg. „Wer jetzt im Krieg in der Ukraine zu Vorsicht mahnt, gilt sofort als Freund Putins“, monierte die Bekannte. Ich bin mit „Schwerter zu Pflugscharen“ und „Make love not war“ aufgewachsen. Mit dieser Kriegstreiberei tue auch ich mich schwer.

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php/?conid=232

Eine Woche im Oktober

Das Stück hieß „Pure Scheiße“, und es lief tagelang, fast zwei Wochen. Dabei war ich in die erste relaxt und voll Vorfreude gestartet, weil wir an ihrem Ende ein Fest feiern wollten.
Es fing damit an, dass ich krank wurde. Eine Erkältung eigentlich nur, wenngleich stärker als gekannt. So schlapp fühle ich mich sonst nicht. Die Tests waren negativ, aber es fühlte sich alles positiv an, oder andersherum – ich war ein bisschen verwirrt über diesen Zustand. Und ich konnte der Müdigkeit auch nicht allzuviel Platz einräumen; es liefen ja die Festvorbereitungen, viel mit Maske.
Und dann war der Kater weg, ging abends nochmal raus, eine letzte Runde, und kam nicht wieder heim. Ich habe nach der ersten Nacht gewusst, dass etwas nicht stimmt. Aber es konnte ja immer noch alles ein gutes Ende nehmen. Er war so neugierig und ging durch jede offene Türe. Vielleicht war er irgendwo eingesperrt. Ich leierte die Suche an mit Plakaten und geteilten Profilen, Tierschutzorganisationen und sogar einer Art Katzenschamanin. So eine Ungewissheit quält. Aber wir wollten hoffen…..

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php?conid=230&p=2

Mein Städtle von außen, Potsdam hin und zurück

Potsdam, Herz hohenzollern-preussischer Lebensart und Macht. Ich war vier Tage dort einen Jugendfreund besuchen, mit dem ich nicht immer einen sehr regen, aber wenn, dann überaus schönen Kontakt pflege. Wir sind uns einig, Rottweil ist ein Ort, den man mal verlassen haben darf. Aber, auch das war Thema, und das betone ich ihm gegenüber, es ist auch ein Ort, an den es gut ist zurückzukommen. Es waren denn auch dies Mal wunderbare Tage. Ich mag die Havel und den Freund, sein Restaurant und das Reisen mit dem Zug. Potsdam selbst geht mir mitunter auf den Zeiger. Ich habe kein einziges Foto von der Stadt gemacht. Prachtbau an Prachtbau an Prachtbau, dazwischen mal eine Kirche, oder ein Schloss, oder ein Triumphbogen, und sonst wieder Prachtbau neben Prachtbau neben Prachtbau. Stein gewordene Großkotzigkeit. Im Park Sanssouci dasselbe in Grün: das Schloss Sanssouci selbst, dazu die Orangerie, und die wurde umgebaut zum Gästeschloss, und also brauchte es ja wieder eine Orangerie, und also noch eine solche, und das Gästeschloss war auch zu klein, so brauchte es ein weiteres, das dann „Neue Kammern“  heißt, die freilich nicht Kammern sind, sondern prächtige Säle mit vergoldeten Bildhauereien an den Wänden, und das reichte immer noch nicht, und also brauchte es das neue Palais, das so groß ist wie die andern zusammen, und hinter diesem noch Communs – Wirtschafts-und Verwaltungsgebäude, mit Bogen verbunden, auch irgendwie ein Schloss, und dann natürlich noch kleine Bauten für die schöne Aussicht, das Fernweh, die Fantasie, die Lust – was weiß ich, die eigene Selbstherrlichkeit. Friedrich der Große war aufklärerischen Idealen verbunden und mag mitunter Großes geleistet haben. Eine aggressive Politik verfolgt hat er trotzdem, und es haben für seine Größe viele Leute geschuftet, gelitten und ihr Leben gelassen. Da ist Dankbarkeit gemischt mit Groll. Nun hat er nach einigem Umbetten seine letzte Ruhestätte in seinem Lieblingsschloss gefunden. Anscheinend liegen aus Dank dafür, dass er Brandenburg die Kartoffel gebracht hat, immer solche auf der Platte, hat mir ein Einheimischer erzählt, ich war selbst nicht drin. Der „Alte Markt“ im Stadtzentrum, an Landtag und Nikolaikirche, ist ein  großer Platz ohne einen einzigen Grasshalm, ohne einen Blumenkasten, nicht mal ein Baum im Kübel, nichts, nur Stein – ein Manifest fehlenden Bewusstseins der Klimakatastrophe. Ein paar Straßen weiter hängt ein Transparent zwischen Bäumen, und der Freund erklärt mir, dass der Wohnkomplex dahinter, Sozialwohnungsbau, mitsamt den Bäumen abgerissen werden soll. Man wartet noch auf einen Investor, der da dann schick und neu baut. Das ist aus gentrifizierungs – und ökologischen Gründen NoGo. Die Tafeln haben wegen steigender Energiepreise um moderne Kühlgeräte gebeten, Kosten 25.000 Euro. Potsdam verfügt über eine hohe Promi-und Reichendichte. Viele spenden und sponsern – hier ein Bild, da eine Skulptur, einer hat gar 23 Millionen für das Kupferdach überm Landtag springen ließ. Bis jetzt fühlte keiner sich veranlasst, bei den Tafeln unterstützend tätig zu werden. Das regt mich auf.  Wie kann das sein? Wie kann es geschehen, dass Reichtum und Macht so losgelöst sich um sich selbst drehen?  Da will ich dagegen anrennen wie die Franzosen 1789 gegen die Bastille. Natürlich sehe ich die Großartigkeit in diesen Kunstwerken und Bauten, ihre Ästhetik, Glanz und Genie. Aber der Preis ist zu hoch, und er wird von Leuten entrichtet, die nichts davon abbekommen. Da sind mir Künstler lieber, die nicht das ganz Große brauchen und es doch erfassen.

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php?conid=222&p=2

Die Qual der Wahl




Ich habe einen schweren Kopf, bin lange bei einer Housewarmingparty gewesen und habe dort in einen Geburtstag reingefeiert. Zwei Partys in einer; eine Nacht ist zu kurz für so was. Und dann die Themen – Männer, Kinder, Kirche, Gas, Job, …, und natürlich die OB-Wahl. Es ist meine erste. Und ich bin unentschlossen. Ich find´s echt schwer. Dabei ist tröstlich, dass es anderen genauso geht. Keine der Frauen gestern wusste ohne Zögern, wen sie wählen wird.

Den Herrn Dr. Ruf, den kennt man nun schon, hat ihn öfter gesehen, und immer war er freundlich, nie ist er unangenehm aufgefallen. Der macht seinen Job vermutlich ganz famos, als Bürgermeister bestimmt. Es bleibt halt die Frage, wie das mit dem Wechsel von Verwalten zu Gestalten so klappen würde. Er kommt auf den Plakaten ein wenig lockerer daher, das steht ihm gut. Aber trotzdem – so richtig den inspirierten Macher mit frischen Ideen seh ich halt nicht in ihm. Außerdem stelle ich mir vor, dass die Kontakte schon stehen/ die Verbindungen, und dass in den vergangenen Jahren schon so viele Gespräche geführt sind, die alle ihre Resultate gebracht haben, so dass „anders“ nur bedingt drin liegt. Und dann redet er halt doch wieder von neu auszuweisenden Baugebieten, und das geht halt gar nicht. Irgendwann, will ich meinen, muss man mal aufhören mit zubetonieren und mit dem Vorhandenen schaffen.

Das gefällt mir an Kai Jehle-Mungenast nicht schlecht, der ein sehr reserviertes Verhältnis zu Abriss und Neubau zu haben scheint, der mit ressourcenschonender Politik tatsächlich genau dies zu meinen scheint….

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php?conid=216&p=2

Von guten und nicht so guten Mächten

und allerhand Nebensächlichkeiten

Ich fühle mich etwas zweigeteilt, zerrissen: Krisen – und Katastrophenmodus versus Lebensfreude. Und so viele Aufgaben und Baustellen, die es zeitgleich zu koordinieren gilt – ein permanentes Multitasking. Eigentlich überhaupt nicht mein Ding. Wenn ich in einer konstanten Betriebstemperatur bleibe, unabhängig von der jeweiligen Aufgabe, geht’s – aber wehe, es wird mal fiebrig oder unterkühlt, dann ist sofort der Wurm drin.
Temperament und Emotionen zu kontrollieren empfand ich als junger Mensch als eine Zumutung. Dessen ungeachtet verlangt das Dasein es trotzdem ab. Ich bin froh, dass ich in der Lage bin zu lernen. Ich kenne eine Frau, die von Dauerpsychosen gemartert wird und immerzu fragt, ob sie „durch Arbeit an der Krankheit hinter diese kommen könne“. Sie könnte bestimmt Erleichterung erfahren, denk ich. Nur leider scheint die Krankheit eben diesem Arbeiten und Lernen im Weg. Das ist bitter. Das Schicksal kann einem schon übel mitspielen.
Ein Grund mehr der Lebensfreude nachzugehen. Verzweiflungsprophylaxe. Es ist Sommer, so richtig satt und heiß, und das schon morgens beim ersten Schritt vor die Türe. Ich schiebe den Gedanken an Klimawandel beiseite und genieße die Luft an den Beinen. Ich habe mein Rad verändert. Statt Friseur. Mir war nach Stilveränderung. Es waren Stunden meditativen Bastelns inklusive kindischer Anwandlungen. Das Rad ist jetzt blau, dekoriert mit glitzernden Delfinstickern, vornedran gibt eine einbeinige und zur Meerjungfrau umgebaute Barbie die Galionsfigur und um den Korb ist ein Fischernetz. Mein Rad ist ein Schiff, der Asphalt das Meer und ich bin die Kapitänin auf hoher See. Ein Segel täte mir noch gefallen.

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php/?conid=198

Neues Lieblingswort: minimalinvasiv

Es ist ein Segen, wenn das eigene Leben so ist, wie man es sich wünscht und wie es guttut. Die Welt drumrum ist bei Weitem nicht so, wie ich sie mir wünsche – meine eigenen Strukturen schon. Das darf gerne so bleiben. Es ist auch ein Segen, wenn nichts mit Gewalt oder übermäßigen Ansprüchen einbricht.
Ich habe gefühlt immer zu wenig Zeit. Dabei ist das blöd. Ein Tag hat 24 Stunden, nie mehr, nie weniger. Und was man schafft, schafft man, was nicht, das nicht. Es war eine volle und erlebnisreiche Woche, mit nicht nur Job und Familie, sondern mit für meine Verhältnisse viel Öffentlichkeit, fand ich. Der krönende Abschluß war der Samstagsabend, das letzte Konzert des Jazzfestes. War ziemlich elektronisch alles, aber mega. Ich finde Akkordeon toll. So saß ich mit einem leichten Schwips und einem verliebten Gefühl im Bauch, ließ mich von Musik und Lichtern entführen und fand alles ganz klasse. Ich hatte meine Freundin zum VIP-Empfang begleitet, und das ist schon ein Spaß, sowieso mit Sekt und Häppchen und grünem Bändel, mit dem man frei konsumieren darf, inklusive Gin-Tonic. Gerade noch die Kurve gekriegt und dem fetten Kater ausgewichen. So war der Sonntag gerettet, der dem Aufräumen gewidmet sein sollte, haushälterisch wie mental.
So geschehen. Minimalinvasiv, was das Haushalten anging. Es zog mich hinaus; ich war lange nicht spazieren………………………

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php?conid=191&p=2

Übers Runterkommen, Familie, Krieg und Frieden

Runterkommen ist schwerer als rauf. Bergsteiger wissen das. Der Abstieg lässt nicht so prusten, aber er geht mehr in die Beine. Als Radfahrerin bevorzuge ich das Bergab. Seit ich ein EBike habe, ist es eigentlich ziemlich schnuppe, das ist das Schöne daran, jeder Berg wird flach. Trotzdem hat es sich in mir festgebrannt – lieber bergab, und so brauchte es nun eine Weile, bis mir klar wurde, weshalb ich mich so wundere und schwertue dieser Tage. – Weil mir das Runterkommen schwerer fällt als raufwärts.

Als familienbedingt das Leben plötzlich so voll wurde, dass jeder Tag zu kurz wird und die Woche zu wenig Tage hat, ging es leicht, mich drauf einzustellen. „Das ist jetzt so.“ Basta. Dann wird anders geplant und jeder Leerlauf rausgeschnitten. Dann gibt es keine Minute mehr ohne „dringend“. Ohnehin verschieben sich die Prioritäten; das Notwendigste zuerst. Alles, das warten kann, tut das auf unbestimmte Zeit. So geht´s.

Aber irgendwann merke ich dann doch, dass es mir zuviel wird. Wenn sich rechts und links meiner Strecke zu viel anhäuft, wenn all das Liegengebliebene, Wartende, anfängt auf mich runterzuschauen. Dann schiebt es sich in die Nächte und drückt auf die Laune. Dann werde ich unduldsam in Momenten, die das weder verschuldet noch verdient haben. Mein darauf folgendes schlechtes Gewissen macht die Lage nicht besser. Spätestens dann weiß ich, es muss was geschehen.

……

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php?conid=190&p=1

Auftauchen

Die Wochen und Tage sind zu kurz. Das ist das Pech der späten Mütter: die Kinder sind noch klein, die Eltern schon alt und teilweise und zunehmend gebrechlich, dazu der Job, die ganze Lebensgestaltung, der ganze Scheiß drumrum. Ab und zu habe ich nachts keine Ruhe zum Schlafen. Dann muss ich raus und mir einen Plan machen. Bisweilen ist der so ausgeklügelt und voll, dass ich am Ende selbst überrascht bin, wenn er aufging.
Ein Pflegebett ist noch keine Pflege, ein volles Glas ist noch nicht getrunken. Buchstaben erkennen ist nicht lesen-können, an sozialen Medien hängen nicht Kommunikationsfähigkeit. Und so geht’s fort. Es sind die Wege dahin, die Nerven kosten. Und wenn der Weg das Ziel sein soll, braucht´s eine klare Richtung, und also muss jeder Schritt überlegt sein.
Ich gönne mir wenigstens den Luxus und tauche ab. Die Krisen kriseln heuer ohne mich. Ich bin ein Wal in unruhiger See. Meine Lieben bleiben in Echolot-Rufweite und halten mit mir Kurs. Nur manchmal tauche ich auf, und dann staune ich, wie die Welt da oben aussieht und wie verrückt sie sich dreht.
Exkanzler Schröder war mit seiner jungen Gattin in Moskau. Ich habe ein Foto gesehen, auf dem sie – der Kreml im Hintergrund – andächtig betet – für die Vermittlungsversuche ihres Mannes oder für besser Wetter, keine Ahnung. Es sieht so andächtig aus.  Dabei muss wenigstens noch eine weitere Person mitanwesend gewesen sein, die, welche das Foto gemacht hat, und so andächtig stelle ich mir den Moment also gar nicht vor. Das erinnert mich an eine mir vor Jahren zugetragene Erzählung eines Journalisten, der mit Horst Seehofer auf Wahlkampftour in Bayern unterwegs gewesen war. Es sollte ein Foto gemacht werden, Seehofer in stiller Andacht in einer schlichten Kapelle. Der Tross rauscht an, drei Dutzend Journalisten, Wahlkampfmanager, Visagisten, uswusf. Seehofer nimmt Platz, faltet die Hände, guckt beseelt. „Das war nix. Nochmal!“ Also nochmal, ein Licht verrückt und die Nase frisch gepudert. Nochmal hinknien, nochmal Hände falten, stille Rührung ins Gesicht. Klick. Seehofer: „Hammers?“ Sie ham´s. Seehofer steht auf, der Tross packt ein und rauscht weiter. Besinnlichkeit kommt erst auf, als alle weg sind, auch Seehofer. Was soll das? Ein Auftauchen ist das jedenfalls kaum wert.

………………………….

weiterlesen auf https://www.rottweil-ist-ueberall.de/magazin/topthema.php?conid=189&p=2