
Mir war schwer ums Herz. Der November ist der eigentliche Trauermonat; im Dezember soll der Advent das Gemüt mit Frohlocken erhellen. Aber noch wirkt der nicht, wie er soll. Es läuft alles, aber es holpert auch. Es läuft schwerer als es meiner Meinung nach müsste. Manchmal legen wir Zweibeiner uns schon unnötig Steine in den Weg und machen einander das Leben schwer. Ich bin bisweilen ein bisschen aggro. Eine Freundin vermutete schon wechseljahrsbedingte Stimmungsschwankungen. Aber ich weiß nicht. Die Wechseljahre sind bis dato symptomlos an mir vorübergezogen. Dagegen sehe ich stets den Auslöser meines Zorns, der den Zorn wohl rechtfertigt. Aber ich müsste halt auch nicht ganz so aufdrehen. Ich tu es trotzdem – und brauche hinterher so viel Nerven mich abzuregen und mir den eignen Zorn zu verzeihen, wie ich vermutlich gebraucht hätte, ihn zu unterdrücken.
Et kütt wie et kütt, und manchmal kütt et einfach über mich.
Am Morgen früh aufgestanden und Holz geholt für die geplante Katzenkletterwand, dann die Werkstatt organisiert, in der ich´s sägen und schleifen kann. Anschließend einkaufen. Ich habe den ganzen Tag gefroren. Die Heizung war aus. Ich war ja eh kaum zuhaus, da tut´s zur Not auch ein kurzes Brot mit kalten Fingern im Stehen. In früheren Wintern ging das leicht. Ich spüre gerne die winterliche Kälte im Treppenhaus, Atemfahnen am Morgen und sehe Eisblumen an den Fenstern. Ich habe immer gerne so gewohnt, dass man im Winter die Jahreszeit auch beim Wohnen spürte. Diese wohltemperierten 24 Grad jahrein jahraus finde ich tröge. In diesem Krisenwinter neige ich bisweilen dazu, die Kälte als Zumutung zu empfinden. Das finde ich von mir selbst bescheuert.
Da kam der Anruf. Das Tierheim sagte ab. Der Termin zum Abholen hatte schon gestanden. Jetzt dies – wir sind kein Haushalt, in den man Katzen geben kann. Das saß.
Ich habe sofort in meinen Gedanken das Mädel herzzerreißend weinen und wehklagen gehört und in vorauseilendem Mitleiden selbst ungebremst mitgeheult, mit ihren Worten, „ach, wär doch nur Jazz noch da.“
Der Tag war längst entglitten. Aber was sein muss, muss sein. Ich musste mich beeilen. Auf dem Friedhof war noch der Kürbis vom Oktober. Ich hatte Grabschmuck und Kerzen gekauft, es dunkelte schon. Jetzt aber los. Ich ging an dem Grab vorüber, das ich stets passiere, gleich bei der Aufbahrungshalle. Ich gehe, obwohl es viele Wege gäbe, immer diesen und guck auf dieses eine Grab – ein Einzelgrab mit schlichtem, schon verwittertem Holzkreuz, das Foto einer alten Frau daran, die blanke Erde mit traurigem Unkraut fleckig bedeckt, dazwischen ein paar dünne Rosenzweige eines Strauches, der nicht recht weiß, ob er wachsen will oder nicht. Und immer denke ich an die junge Frau, die mal davorstand, so schmerzerfüllt und verzweifelt heulte und in einer mir fremden Sprache der Frau im Grab viel zu erzählen hatte. Ich verstand nicht den Inhalt, aber es klang nach Trauer, riesigem Schmerz und schwerer Schuld….
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Ich kann gut verstehen, dass dir bei all diesen Gedanken und Erlebnissen die Besinnlichkeit im Advent fehlt. Es ist zwar schön zu sehen, dass das Grab der alten Frau am Friedhof nun doch von irgend jemanden besucht und gepflegt wird. Die Nachricht aus dem Tierheim aber, die macht traurig. Ich finde es gut und richtig dass die Verantwortlichen dort darauf achten, dass die Tiere in einen guten Ort kommen. Zu viel Regelwerk allerdings, ist dann auch nicht mehr nachvollziehbar. Zumal es gut und wichtig ist, dass den Tieren dort ein zu Hause gegeben wird. Ich möchte gar nicht wissen, wer alles in Zoohandlungen rennt und sich dort ein Tier wie einen Gegenstand kauft. Ganz liebe Grüße
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